Neue Berufsbilder im Recruiting – ein Ausblick

Braucht es Recruiter mit der Digitalisierung künftig noch oder werden sie von der Software ersetzt? Beruhigend ist: Ja, es braucht sie noch. Aber: Neue Berufsbilder entstehen.

Bereits in den vergangenen Jahren hat sich der Job der Recruiter verändert. Neue Berufsbilder sind entstanden. Während früher noch hunderte von Bewerbungsunterlagen als Papierdokumente auf den Tisch der Personalfachkräfte flatterten und aussortiert werden mussten, übernimmt diese Arbeit bereits heute die Software.

Software kann vieles

Recruiting -Tools, welche die Bewerbungen analysieren, aussortieren, die besten Kandidaten auflisten und automatisch Absagen verfassen, vereinfachen die Arbeit und sparen den Recruitern viel Zeit. Zeit, die sie in andere Aktivitäten investieren können. Er kann beispielsweise die Kontaktpflege mit möglichen Bewerbern intensivieren und sich besser auf Kandidatengespräche vorbereiten. Damit vermittelt er den Kandidaten, dass sie ihm wichtig sind – nicht bloss einer unter hundert – und punktet so wieder bei den Kandidaten für das Unternehmen. Recruiter haben mehr Zeit für die aktive Kandidatensuche oder für das Employer Branding. Ausserdem erfolgt die softwarebasierte Bewerberauswahl oft objektiver und damit qualitativ besser.

Auch die Bewerbenden verlangen, dass der Bewerbungsprozess vollkommen automatisiert online abläuft und die Unternehmen die entsprechende Struktur anbietet, dass sie sich auch mobile bewerben können.

Ein grosser Teil der Unternehmen nutzt bereits heute solche Tools, die ein Bewerbermanagementsystem, Kampagnen Management, Content Management System, eine Mail Marketing Software, einen Landing Page Generator, Media Analytics, Web Analytics, Customer Relationship Software und Wettbewerbsanalyse als einzelne Module oder vereint anbieten. Doch damit ist es nicht getan, denn die Daten wollen auch ausgewertet werden. Was bis zu einem gewissen Grad auch vom Computer übernommen werden kann. Wo bleibt dabei der Job der Recruiter?

Neue Berufsbilder entstehen

Der Job des Recruiters ist mit der Digitalisierung dennoch nicht weniger interessant geworden. Im Gegenteil: Der Job ist breiter geworden, die Recruiter von heute müssen über viel mehr und unterschiedlicheres Fachwissen verfügen als noch vor zehn Jahren. Dies wird sich in den nächsten Jahren noch zuspitzen.

So ist beispielsweise bereits heute die Suchmaschinenoptimierung SEO, die Erstellung von Karrierewebseiten oder Stellenanzeigen, das Employer Branding oder der souveräne Umgang mit den Sozialen Medien unverzichtbar, will ein Unternehmen oder ein Jobportal die gewünschte Zielgruppe erreichen und damit auch aktivieren.

Handeln für die Zukunft

Wie können Recruiter positiv auf die durch die Digitalisierung entstehenden Veränderungen ihres Berufes einwirken und die Zukunft mitgestalten? Eine mögliche Antwort darauf geben Thomas H. Davenport und Julia Kirby in ihrem Artikel Beyond Automation, der in der Zeitschrift Harvard Business Review erschienen ist. Darin zeigen sie fünf Strategien auf, wie Mitarbeitende mit der Digitalisierung umgehen können. Diese lassen sich auch auf  neue Berufsbilder der Recruiter anwenden:

Step up

Gehen Sie einen Schritt weiter, bilden Sie sich fort und legen Sie den Fokus auf die Fähigkeit, den Überblick zu bewahren, das grosse Ganze zu betrachten. So ist es beispielsweise wichtig zu erkennen, welche Fähigkeiten in Unternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung notwendig sind. Dazu benötigen Sie nicht nur Wirtschaftskenntnisse, sondern auch kommunikative Fähigkeiten, um die konkreten Bedürfnisse der Unternehmen abzufragen.

Da die Digitalisierung alle Berufsfelder beeinflusst, entwickeln sich auch stets neue Jobs. Zu wissen, welche Qualifikationen sich hinter welcher Ausbildung verbirgt, ist essenziell für Recruiter, die Mitarbeitende mit neuen Ausbildungslehrgängen oder neuen Jobbezeichnungen einstellen.

Step aside

Machen Sie einen Schritt zur Seite, fokussieren Sie sich auf diejenigen Fähigkeiten, die ein Computer nicht (oder noch nicht) erbringen kann. Dazu gehört beispielsweise die Menschenkenntnis. Einige Unternehmen haben bereits Stellen für sogenannte Feel Good Manager oder Chief Happiness Officer geschaffen, die als Bindeglied zwischen Geschäftsleitung und Mitarbeitenden für die Unternehmenskultur und damit für die Zukunft eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung werden können.

Step in

Spezialisieren Sie sich darauf, den Computer mit Ihren Fähigkeiten zu ergänzen. Die umfangreichen Daten, die von der Software der Recruiting-Tools geliefert werden, sind ohne die analytische Auswertung des Data Scientist nichts wert. Mit Veränderungen in der Datenerhebung können Data Scientist den Datenoutput auf die Bedürfnisse ihres Unternehmens anpassen. Dazu benötigen Sie analytisches Denkvermögen.

Step narrowly

Werden Sie zu einem Nischenanbieter. Bei manchen Dingen lohnt es sich nicht, sie zu automatisieren. Es sind Dinge, die zu kompliziert, spezialisiert sind oder nur selten vorkommen. Im Recruiting ist dies beispielsweise das Telefonieren mit Bewerbenden. Allerdings reicht die Spezialisierung auf den Nischenanbieter als Recruiter kaum aus, um den Job zu sichern. Ergänzen Sie sie mit anderen Fähigkeiten.

Step forward

Verbessern Sie die bestehenden Systeme, entwickeln Sie die nächste Generation der Recruiting Tools. Künstliche Intelligenz, Data Science und Informatik sind die Fähigkeiten, die dafür notwendig sind. Sich als erfahrener Recruiter ohne Vorwissen Kenntnisse in diesem Gebiet anzueignen, ist allerdings eine grosse Herausforderung.

Die Entwicklung im Recruiting macht deutlich, dass die Fähigkeiten, die Recruiter vor 20 Jahren benötigten – Menschenkenntnis, Kommunikations- und Kontaktfähigkeit – auch heute noch wichtig sind. Der Beruf ist aber vielfältiger geworden, neue Berufsbilder entwickeln sich. Fähigkeiten in den technischen Bereichen wie Data Science und Softwareentwicklung sind heute und vor allem in Zukunft unerlässlich für das zeitgemässe und erfolgreiche Recruiting.