Controlling ist oft unbeliebt und wird in vielen Unternehmungen noch immer sehr stiefmütterlich behandelt. Angesichts der Tatsache, dass der Kampf um Talente nicht einfacher wird, ist dies erstaunlich. Für bestimmte Positionen geeignete Fachspezialisten zu gewinnen, wird immer schwieriger. Umso wichtiger ist es für die Recruiter zu wissen, welche Massnahmen erfolgreich sind.
Was bedeutet Controlling im Recruiting denn wirklich? Controlling beschreibt die Beschaffung, Verarbeitung und vor allem die Auswertung von Daten im Zusammenhang mit dem Recruiting. Das Ziel der Datenauswertung ist, aufgrund der mehr oder minder guten Erfolge zu erkennen, ob die gewählte Recruiting-Strategie passend ist oder ob sie verändert werden sollte. Damit leistet das Controlling nicht nur eine rückblickende Leistungsbewertung als Endpunkt der Recruiting-Aktivität, sondern ist gleichzeitig der Ausgangspunkt, der Ihnen hilft, Ihre Strategien anzupassen und künftige Aktivitäten zu steuern. Gleichzeitig bietet ein ganzheitliches Controlling auch einen Beitrag dazu, die Unternehmensziele zu erreichen.
Ziele setzen
Wie geschieht denn Controlling konkret? Die Versuchung ist gross, sich auf möglichst viele Kennzahlen abzustützen. Im Bemühen keinen Aspekt zu vernachlässigen ist die Gefahr gross, sich in riesigen Datenmengen zu verlieren und mit der Auswertung überfordert zu sein. Deshalb lohnt es sich, sich in einem ersten Schritt zu fragen, was man verbessern und erreichen möchte. Als Folge stellt sich die Frage, welche Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPI) dafür die nötige Unterstützung leisten. Welche Kennzahlen das Recruiting erheben sollte, ist also abhängig von den Zielen und der Unternehmensstrategie.
Empfehlenswert ist auch, sich auf eine Handvoll Kennzahlen zu beschränken. Welche Kennzahlen erlauben die Analyse, die für das Unternehmen und die Situation am wichtigsten sind. Ausserdem lohnt es sich, diejenigen Daten auszuwählen, an die Sie technisch einfach herankommen und so aufgrund der Menge der erhobenen Daten auch eine gewisse Aussagekraft erreichen.
Ausserdem ist es wichtig, die Kennzahlen für alle Beteiligten verbindlich festzuhalten. Beginnt die Messung der Zeit, bis eine Stelle besetzt ist mit der Stellenausschreibung oder bereits mit der absehbaren Vakanz der Stelle? Nutzen Sie auch immer dieselben Erhebungsmethoden, damit Sie nicht Äpfel und Birnen vergleichen, und achten Sie darauf, dass die Daten aktuell sind.
Verbreitete Kennzahlen
Die am Häufigsten gemessenen Kennzahlen betrachten quantitative Daten. Verbreitet sind Daten, die sich auf den Zeitfaktor beziehen:
- Time-to-Hire: Die Zeit vom Tag, an dem klar ist, dass ein Mitarbeitender das Unternehmen verlässt bis zur Besetzung einer Stelle, teils bis zum Arbeitsantritt des neuen Mitarbeitenden.
- Time to Interview: Die Dauer von der Personalbedarfsmeldung bis zum Interview.
- Prozentzahl der unbesetzten Stellen nach X Tagen: Ist es für ein Unternehmen wichtig, 90 Prozent aller offenen Stellen innerhalb maximal 60 Tagen nach der Personalbedarfsmeldung zu besetzen, so zeigt dieser Wert, ob die Recruitingabteilung finanziell oder personell aufgestockt werden muss, um den Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten.
Zu den quantitativen Kennzahlen gehören auch kostenabhängige Daten:
- Kosten pro Einstellung / Cost per Hire: Die Kosten, die pro Stellenbesetzung durchschnittlich für das Unternehmen entstehen. Hier bietet sich die Aufschlüsselung nach Jobart oder Standort an.
- Kosten der offenen Stellen / Cost of vacancy: Die Kosten, die für eine spezifische unbesetzte Stelle pro Tag entstehen. Diese Daten erlauben Prioritäten in der Besetzung verschiedener offener Stellen zu setzen.
Qualitative Kennzahlen
Die Daten zu Zeit- und Kostenfaktoren lassen sich zwar meist einfacher erheben, als diejenigen zur Qualität und Effektivität der Stellenbesetzung. Auf lange Sicht und vor allem zur strategischen Ausrichtung der Recruiting-Abteilung ist es jedoch interessanter, die Daten zur Qualität zu erheben und auszuwerten. Zu den qualitativen Kennzahlen gehören:
- Anzahl Bewerbungen je Bewerbungskanal
- Anzahl respektive Anteil der Bewerbungen durch Mitarbeiterempfehlungen.
- Effektivität des Bewerbungskanals: Wie viele Einstellungen kommen über welche Kanäle zustande und was sind die Kosten dieses Kanals.
- Offer-Rate: Anzahl der Jobangebote nach den Interviews
- Offer-Accept-Rate: Anzahl der angenommenen Jobangebote im Vergleich zu den ausgesprochenen Jobangebote.
- Besetzungsquelle: Verhältnis der neuen externen Bewerbenden zu den bekannten externen Bewerbenden aus dem Talent Pool zu internen Bewerbenden.
- Zufriedenheitsrate mit dem Rekrutierungsprozess: Damit wird die Bewerbererfahrung derjenigen Kandidaten erfasst, die bis ins Interview genommen wurden.
- Qualität der Bewerber: Mitarbeiterbeurteilung der Neueingestellten nach einem bestimmten Zeitraum. Diese Ergebnisse können zusätzlich in Abhängigkeit zum Bewerbungskanal oder zum Recruiter betrachtet werden. Die Erhebung dieser Kennzahl bedingt, dass die Recruiting-Abteilung mit den Fachabteilungen zusammenarbeitet.
- Retentions Rate: Der Prozentsatz der neuen Mitarbeitenden, die nach der Probezeit oder nach einem definierten Zeitraum noch im Unternehmen sind.
Optimal ist eine Mischung der Kennzahlen aus dem Zeit- und Kostenbereich sowie qualitative Kennzahlen. Denn wer ausschliesslich nach Kosten- und Zeitfaktoren das Controlling im Recruiting macht, wird über kurz oder lang schwerwiegende negative Nebeneffekte in der Qualität der Neubesetzungen zu spüren kriegen, etwa mit hohen Fluktuationen oder ungenügender Performance. Deshalb ist ein ausbalanciertes Kennzahlen-Setting wichtig.