
Der Gedanke an die Arbeitsmarktsituation in der Schweiz im vergangenen Jahr, lässt manchem Betroffenen die Haare zu Berge stehen. Denn Covid-19 hat deutliche Spuren hinterlassen. Allerdings sind diese in den verschiedenen Branchen unterschiedlich ausgeprägt und auch nicht in allen Branchen negativ. Im Moment stehen nächste Lockerungen an und wie sich diese auf den Arbeitsmarkt auswirken, kann noch nicht beurteilt werden. Der Blick zurück bringt aber erste Erkenntnisse.
Arbeitslosenzahlen
Um die Situation im Arbeitsmarkt der Schweiz zu analysieren, können verschiedene Kennzahlen betrachtet werden. Eine Zahl ist jene der Arbeitslosen. Als arbeitslos gelten Personen, die bei einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum RAV gemeldet sind, keine Stelle haben und sofort vermittelbar sind. Ob diese Personen eine Arbeitslosenentschädigung beziehen oder nicht, wird in dieser Zahl nicht unterschieden.
Ende April 2021 waren gemäss den Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO in der Schweiz rund 151’300 Arbeitslose registriert. Im Vormonat, also im März 2021, waren noch fast 6700 Arbeitslose mehr gemeldet. Und gegenüber dem April 2020 ist die Zahl ebenfalls gesunken, nämlich um rund 1.4 Prozent. Die genauen Zahlen sind hier ersichtlich.
Stellensuchende
Eine weitere Zahl ist jene der Stellensuchenden. Diese liegt höher, als diejenige der Arbeitslosen. Denn als Stellensuchend gelten auch die Personen, die wegen einer Weiterbildung oder einer Umschulung nicht sofort eine Stelle antreten können, aber dennoch eine Arbeitsstelle suchen.
Im April 2021 lag diese Zahl bei rund 246’200 Personen. Gegenüber März 2021 waren es über 7700 weniger. Dies deutet darauf hin, dass die Unternehmen auf die Sommermonate hin auf eine Erholung der Wirtschaft zählen und sich dafür bereit machen. Ernüchternder ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr: Im April 2020 haben rund 15’000 oder 6.5 Prozent weniger nach einer neuen Stelle gesucht, als im April dieses Jahres.
Zahlen liegen zu tief
Diese Zahlen dürften allerdings alle zu tief liegen und den Arbeitsmarkt beschönigen. Denn Jugendliche melden sich oft nicht beim RAV, weil sie aufgrund der fehlenden Arbeitsdauer keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Denn erst nach einer gewissen Anstellungsdauer, während der Geld in die Arbeitslosenkasse einbezahlt wurde, hat man in der Schweiz Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Die Anzahl der Tage, während der die Entschädigung bezahlt wird, variiert entsprechend der Dauer, während der einbezahlt wurde.
Auch Studierende, die ihren Job verlieren, haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Gerade diese Personengruppe arbeitet oft in einem Nebenjob in der Gastro- oder Eventbranche, in einer Branche also, die von der Corona-Pandemie arg getroffen wurde.
In den Arbeitslosenzahlen nicht erfasst, sind auch die ausgesteuerten Personen, die keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenentschädigung mehr haben. Gerade in Krisen auf dem Arbeitsmarkt steigt die Zahl der Ausgesteuerten, da es für Langzeitarbeitslose noch schwieriger ist, einen Job zu finden.
Mehr offene Stellen
Ein weiterer Indikator für die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen. Die Zahl der offenen Stellen stieg in den vergangenen Monaten wieder in allen Berufsfeldern, wie das Bundesamt für Statistik ausweist. Zu Beginn der Covid-Pandemie waren die Unternehmen damit beschäftigt, Home Office einzuführen, die Bestellungen der Kunden rechtzeitig fertigzustellen – trotz teilweise verzögerten Lieferungen von Komponenten aus dem Ausland – und die stornierten Bestellungen wieder wett zu machen. Diese Unternehmen schrieben kaum mehr Stellen aus.
Im Dienstleistungssektor – insbesondere in der Gastronomie – ging es vor allem darum, die Angestellten halten und entlöhnen zu können. Von Neueinstellungen konnte in einem solchen Arbeitsmarkt keine Rede sein. Im Verlauf des Sommers 2020 kam dann aber die Trendwende. Zwar verursachte die zweite Welle einen kleinen Einbruch, inzwischen steigt die Anzahl der offenen Stellen wieder kontinuierlich an.
In einem Bereich scheint sich in den vergangenen Monaten bezüglich der offenen Stellen und den Stellensuchenden das Verhältnis nicht verändert zu haben: im Bereich der Fachkräfte. Gerade diejenigen Stellen mit spezialisierten und hohen die Anforderungen an die fachlichen Fähigkeiten potenzieller Mitarbeitenden konnten in den vergangenen Monaten nicht besser besetzt werden, als vor der Corona-Pandemie. Um die Fachkräfte zu finden und zu binden benötigen Unternehmen aktuell und in Zukunft eine zielgerichtete Ansprache und ein gutes Employer Branding.