Matthias Mäder, wie verändern sich die Jobbörsen?
Zum einen wird es immer schwieriger genügend Traffic auf die Stelleninserate zu leiten damit die Unternehmen mit der Performance der Jobbörse zufrieden sind. Eine weitere Herausforderung ist es, latent oder passiv Suchende auf die Jobbörse zu bringen oder dort anzusprechen, wo sie sich gerade aufhalten. Dank den vielen Daten, welche die Jobbörsen besitzen, werden in Zukunft neue Preismodelle angeboten, die auf der Performance basieren.
Sind die wichtigsten Digitalisierungsschritte getan?
Die Digitalisierung in der Rekrutierung ist weit vorangeschritten. Die Bewerbungsprozesse wurden in vielen Unternehmen bereits digitalisiert und die Stelleninserate haben sich zu Microsites entwickelt. Dort steht nicht nur die Stelle im Mittelpunkt, sondern ich erfahre auch viel über das Unternehmen und dessen Kultur, Werte und Benefits. Im Bewerbungsprozess ist die Digitalisierung sicherlich noch nicht vollständig ausgeschöpft. Es ist immer noch schwierig sich mittels Mobile Device zu bewerben. Auch hat sich die Suche seit der Einführung der Onlinestellenmärkte nicht verändert. Hier gibt es noch Entwicklungspotenzial.
Was verändert die Corona-Pandemie bezüglich der Digitalisierung?
Die Jobbörsen, wie auch die Stellenmärkte der Unternehmen haben zu Beginn der Pandemie an Traffic verloren. Die Clicks auf den Bewerberbutton gingen zurück und auch die Anzahl der Anzeigen. Mittlerweilen hat sich der Traffic wieder etwas erholt und ist nur noch leicht unter den Zahlen von anfangs Jahr. Die Anzahl der Stellen und die Clicks auf den Bewerberbutton liegen mit -15 Prozent noch deutlich unter den Zahlen von Januar und Februar.
Welche Vorteile ergeben sich mit der Digitalisierung?
Ich glaube, die Jobbörsen sitzen auf einem riesigen Schatz an Daten. Die Herausforderungen wird es sein mit diesen Daten richtig umzugehen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Neue Modelle, die Performance-basiert sein werden, halten Einzug.
Was sind die Vorteile für die Kunden der Jobbörsen?
Die Unternehmen bezahlen nur noch das, was sie wirklich beziehen. Dies bedeutet, dass der einzelne Click auf das Inserat oder den Bewerberbutton abgerechnet wird. Dies geht bis zur eingegangenen Bewerbung oder der Anstellung. Die grosse Herausforderung wird für Jobbörse und Unternehmen sein, dies zu messen und die erwartete Qualität zu definieren. Was ist ein qualitativer Click oder was ist eine qualitative Bewerbung? Hier gibt es bereits gute Ansätze, die noch weiter entwickelt werden müssen. Für die Unternehmen gilt es bei diesem Thema, sich mit Programmatic Job Advertising auseinander zu setzen. Entsprechende Tools dazu bietet unter anderem Prospective an.
Welche Nachteile hat die Digitalisierung?
Es ist eine Herausfoderung über klassische Jobbörsen latent oder passiv Suchende anzusprechen. Im Internet findet man nur das, was man sucht.
Was man nicht sucht, findet man nicht. In Bezug auf Jobbörsen bedeutet das, wenn ich nicht nach einer Stelle suche, komme ich auch nicht mit Jobbörsen in Kontakt und verpasse eventuell auch meine ‘Traumstelle’.
Gibt es Nachteile für die Unternehmen?
Die Konkurrenz der einzelnen Jobbörsen ist sehr gross. Es gibt viele Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Profile suchen. Mit denen stehe ich als Unternehmen in Konkurrenz. Wenn starke und bekannte Unternehmen ein Profil suchen, haben KMU, die ebenfalls dieses Profil ansprechen, die Herausforderung, dass sie Sichtbarkeit bekommen. Auch sind die Jobbörsen vor allem dem Bewerber verpflichtet. Dies bedeutet, dass die Jobbörsen vor allem dem Bewerber ein Top Sucherlebnis zu bieten versuchen. So verliere ich als Unternehmen potenzielle Bewerber an andere Unternehmen, wenn diese neben meinem Inserat als ähnliche Stellen ebenfalls eingeblendet werden.
Wie können Jobbörsen mit der Entwicklung Schritt halten?
Die Jobbörsen sind grundsätzlich technologisch gut aufgestellt. Die grosse Herausforderung wird es sein, mit den vorhandenen Daten neue Preismodelle zu entwickeln. Ich denke hier wird es immer mehr in Richtung Pay per Performance gehen.
Welche Fähigkeiten brauchen die Recruiter in Zukunft?
Der zukünftige Recruiter muss mehrere Fähigkeiten vereinen. Zum einen ist er Botschafter der Unternehmung. Zu diesem Zweck braucht er die Fähigkeit, aktiv mit der Zielgruppe zu netzwerken. Zudem braucht es verkäuferische Fähigkeiten und Kenntnisse im Onlinemarketing. Wenn auch noch Fähigkeiten in der Programmierung vorhanden sind, ist das optimal.
Wesentlich wichtiger aber als die Ausbildung ist im Bereich der Personalbeschaffung der Charakter der jeweiligen Person. Ein Recruiter muss ein offener, kommunikativer und kontaktfreudiger Mensch sein, der problemlos und ohne Hemmungen auf andere zugehen kann. Sehr von Vorteil ist eine gute Menschenkenntnis, um beispielsweise die Soft Skills eines Kandidaten richtig einschätzen zu können. Zudem sind Verkaufstalent und Fingerspitzengefühl wichtige Kompetenzen, um das Unternehmen gegenüber Bewerbern gut zu positionieren. Vorteilhaft ist es, immer einen guten Überblick über die aktuelle Arbeitsmarktsituation zu haben und sich im Umgang mit Social-Media-Kanälen auszukennen.
Welche Fähigkeiten werden weniger wichtig?
Einfach nur einen gutes Stelleninserat zu schreiben, reicht nicht mehr. Es ist weniger so, dass Fähigkeiten an Wichtigkeit verlieren, sondern es kommen immer mehr Anforderungen dazu.
Worauf freuen Sie sich in der Entwicklung der Jobbörsen?
Wenn die Jobbörsen offen für Schnittstellen und Zusammenarbeit sind, ist das eine gute Entwicklung. Ich denke, dass sich Jobbörsen, Multiposting und Programmatic gut ergänzen und gemeinsam spannende Produkte und Dienstleistungen entwickeln können, die den Unternehmen zu Gute kommen.
Vielen Dank, Matthias Mäder, für das Gespräch.