Matthias Mäder: Funktioniert Active Sourcing auch in der Corona-Zeit?
Jan Hawliczek: Aber klar! Als Active Sourcer habe man eigentlich immer zu tun – Ausnahmesituation hin oder her: die Netzwerkpflege und der Aufbau von Zielgruppen-Pools sind nur Beispiele. Natürlich spielt der Aspekt «Empathie» jetzt eine noch grössere Rolle. Leere Floskeln und Standardansprachen gehen beim Active Sourcing bekanntlich gar nicht – und jetzt, während der Corona-Krise – noch viel wenige. Und: Im Moment bei Pflege- oder Security-Personal Sourcing zu betreiben, finde ich eher unangebracht.
Und wie geht die Swisscom im Moment beim Active Sourcing vor?
David Luyet: Bei uns ist die persönliche Ansprache generell sehr wichtig. Ich persönlich steige bei den Gesprächen momentan gleich mit dem Thema «Corona» ein und frage meine Gesprächspartner, wie es ihnen im Moment geht und ob alles rund läuft im Home-Office. Das kommt eigentlich sehr gut an – die Antwortrate ist nicht massiv eingesunken aufgrund von Corona.
Auf Anfragen von Active Sourcern antworten ist das eine. Aber machen die Leute – in dieser doch eher unsicheren Zeit – wirklich den Schritt, das Unternehmen zu wechseln?
David: Glücklicherweise ist der Brand «Swisscom» in der Schweiz sehr etabliert und die Leute sprechen dem Unternehmen eine gewisse Sicherheit zu. Das hilft natürlich enorm beim Active Sourcing. Es ist nicht zu bestreiten: Die Anbahnungszeit dauert im Moment ein bisschen länger – die Leute sagen nicht sofort «ja» zu einem Stellenwechsel. Grundsätzlich liegt es aber in der Verantwortung des Sourcers, die entsprechende Person gut zu begleiten und das Angebot im richtigen Moment zu platzieren.
Jan: Ich rate meinen Kunden, jetzt noch viel transparenter zu kommunizieren, d.h. konkret zu besprechen, wie der potenzielle neue Mitarbeitende dann tatsächlich optimal im neuen Unternehmen starten kann, falls dann immer noch Ausnahmezustand ist.
Habt ihr eure Active Sourcing-Prozesse der momentanen Situation angepasst oder laufen die immer noch gleich ab wie vorher?
David: Eigentlich läuft der Prozess immer noch gleich ab wie vor Corona. Wie gesagt: Active Sourcing dauert jetzt vielleicht ein wenig länger, es braucht ein paar Telefonate mehr, aber sonst ist der Prozess unverändert.
Wie sieht es mit Plattformen und Videotelefonie aus: Gibt es da irgendwelche Veränderungen?
David: Bei den Plattformen sehe ich keine grossen Veränderungen – es können dieselben Plattformen genutzt werden, wie vor Corona.
Im ersten Call nutzen wir meistens das Telefon. Erst im zweiten Telefonat – also wenn es ein wenig konkreter und persönlicher wird – machen wir das Gespräch per Video. Das war schon vor Corona so.
Was sind eure drei Tipps zu Active Sourcing?
Jan:
- Ganz klar: machen und ausprobieren!
- Versetze dich jetzt umso mehr in die Zielgruppe und passe entsprechend deine Ansprache an
- Nutze die Zeit und bilde dich jetzt weiter und vernetze dich
David:
- Verbessere deine Suchtechnik und informiere dich in Sachen Technologie
- Sprich jetzt noch persönlicher an
- Investiere Zeit in dein Netzwerk
Moderator: Matthias Mäder
Seit über 20 Jahren im Recruiting Business aktiv.Mehrere Jahre für Adecco als Branch Manager tätig, anschliessend bei Tamedia AG verantwortlich für Jobwinner.ch, ALPHA.ch und die Printstellenmärkt ALPHA und Stellen-Anzeiger. Die letzten 13 Jahren leitete er die Prospective Media Serives AG welche sich als Agentur und Software Anbieter auf Recruiting Solutions spezialisiert hat (Multiposting, Personalmarketing, E-Recruiting, Analytics). Gast Dozent an der ZHAW, Mitbegründer des HR Bar Camp Zürich sowie Gründer der Recruiting Convention Zürich. Aktuell befasse ich mich intensiv mit den Themen Programmatic Job Advertising, Analytics in der Rekrutierung sowie dem neuen Berufsbild des Recruiters.
Jan Hawliczek
Jan Hawliczek brennt seit 2011 leidenschaftlich für die Bereiche Active Sourcing, Personalmarketing, Employer Branding und HR-Tech. Als Digital Native und Kind der Generation Y bringt er zudem alles mit, was man auf Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat und Co. benötigt, um auf Augenhöhe mit der Zielgruppe zu kommunizieren. Dadurch ist er immer nah dran an Trends und erarbeitet so erfolgreiche Strategien und Maßnahmen für Zielgruppen und Plattformen. Diese Erfahrung und Leidenschaft gibt er als Trainer, Recruiter und Berater in seinem 2018 gegründeten Start-Up „die grüne 3 GmbH“ und macht so Unternehmen und Recruiter fit für Employer Branding, Personalmarketing und Active Sourcing in „diesem Internet“.
David Luyet
David Luyet ist ausgebildeter Wirtschaftsinformatiker und hat vor über 10 Jahren den Wechsel ins HR vollzogen. Mein Spezialgebiet ist das Sourcing und Recruiting von Fachkräften und Spezialisten im Bereich ICT. Nach 6 Jahren im Corporate Recruiting der Swisscom und dem Aufbau von innovativen Recruiting-Ansätzen habe ich im Sommer 2018 zur SBB gewechselt mit dem Ziel im neu geschaffenen Recruiting-Center das Thema Active Sourcing aufzubauen. Mein Herz schlägt aber immer noch sehr stark für das Themenfeld der «Techies» und so bin ich per Dezember 2019 wieder zu Swisscom zurückgekehrt. Neu verantworte ich das Chapter Talent Attraction Management welches die Disziplinen Active Sourcing, Talent Management und Employer Branding/HR Marketing umfasst.